Die aktuelle Coronakrise hat als selbstverständlich wahrgenommene Grundfreiheiten innerhalb kürzester Zeit außer Kraft gesetzt. Diese Maßnahmen haben eine neue Debatte zu Freiheit ausgelöst. Ich war so frei vor einigen Jahren darüber nachzudenken.

Der Weg zur Freiheit
„Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, daß alle Menschen gleich erschaffen worden, daß sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt worden, worunter sind Leben, Freiheit und das Bestreben nach Glückseligkeit“ , lauten die erste Worte der Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten, dem „Land der Freiheit“ und der „unbegrenzten Möglichkeiten“.

Heute bekennen sich alle demokratischen Staaten der Welt zu den Grundsätzen dieser Freiheit. In vielen Hymnen wird die Freiheit als das höchste Gut besungen. Doch was bedeuten solche Worte wie „Einigkeit und Recht und Freiheit für das deutsche Vaterland“? „Der Mensch wird frei geboren, doch überall liegt er in Ketten“, monierte einst der französische Staatsphilosoph Jean Jacques Rousseau. Schon seit Angedenken der Menschheit gilt Freiheit, die Befreiung des Menschen es als eine der Kernfragen der Philosophie. Lange Zeit galt dabei das Prinzip „Freiheit nur für Freigeborene“. In der Antike umfasste dies vor allem die Bürger der Polis, im Mittelalter den Adel, den Klerus und die Lehensherren. Den Unterschied der Stände, zwischen frei herrschen und unfrei gehorchen, empfand man aber nicht als Unfreiheit, da er als göttlicher Plan akzeptiert wurde.
Erst mit der Reformation änderte sich dies, als verschiedene christliche Glaubensvorstellungen aufeinanderprallten. Erstmals definierte der „Augsburger Religionsfriede“ von 1555 Religionsfreiheit für alle Konfessionen und stand das Recht zur Auswanderung zu, wenn die eigene Religion nicht ausgeübt werden konnte.
Besonderen Auftrieb bekam der Freiheitsdrang während der Zeit der Aufklärung. Als die Missstände zwischen den Ständen immer größer wurden, schallte es 1789 „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“ durch die Straßen von Paris. Von da an hatte der Siegeszug der Freiheit begonnen. Immer größere Freiheiten wurden den herrschenden Schichten abgerungen und dem Volk übergeben. Die Befreiung der Sklaven wurde erreicht und immer mehr Menschen wurden Teilhaber der Freiheit. So entstand unter anderem auch der Staat Liberia als ein Projekt ehemaliger Sklaven, einen freien Staat nach dem Vorbild der USA zu errichten. Höhepunkte dieses Fortschritts der Freiheit war hierbei sicherlich die Erklärungen der allgemeinen Menschenrechte, wo es da heißt: “ Jeder hat das Recht auf Leben, Freiheit und Sicherheit der Person“.
Freiheit frei von was – frei wofür
Doch wie äußert sich dieses Recht. Noch immer werden Menschen aufgrund ihres Glaubens, ihrer Herkunft oder ihren Überzeugungen verfolgt und ihrer Freiheiten beraubt. Doch es zeigt sich, dass der Mensch über ein „Freiheitsgen“ verfügt. Sobald der Gedanken der Freiheit in den Köpfen einiger Menschen entzündet wurde, entstehen Dynamiken, die weder Panzer noch Waffengewalt aufhalten können, den die Gedanken sind frei. Besonders gut zeigt sich dies am friedlichen Zusammenbruch des Kommunismus.
Glücklicherweise scheinen sich in immer mehr Ländern die freiheitlichen Grundrechte durchzusetzen, doch sind wir wirklich so frei wie wir vorgeben? In einer immer freieren Marktwirtschaft scheinen Leistungsgedanken und Konkurrenzkampf unsere Rollen als Arbeitnehmer, Wähler und Konsument vorzugeben, doch “ wer von seinem Tag nicht mehr als zwei Drittel für sich selbst hat, ist ein Sklave“, prangerte schon Friedrich Nietzsche an. Häufig scheinen wir aus Angst vor dem Scheitern, aus Angst vor der Konkurrenz lieber mit dem Strom mit zu schwimmen, auch wenn dieser uns zu wieder läuft. „Doch ist man noch frei wenn man nichts wagt“, stellte Udo Jürgens einst die Frage. Dabei geht es nicht nur um die großen politischen Freiheiten, sondern auch um die kleinen Freiheiten des Alltags.
Freiheit oder Verantwortungslosigkeit
Häufig scheint es dabei, das wir uns hier auf einem schmalen Grad zwischen Freiheit und Verantwortungslosigkeit befinden. Der große Staatsphilosoph Thomas Hobbes sah in der absoluten Freiheit des Menschen etwas negatives, da es keine Regeln gebe sondern einen Kampf aller gegen alle, Anarchie. Im Mittelalter war es der Hoffnarr, der als einziges die „Narrenfreiheit“ besaß, König und Adel zu kritisieren. Doch wie weit reicht diese „Narrenfreiheit“ heute. Vielfach wird darüber diskutiert, die Freiheit der Märkte auszuweiten, Freihandelszonen zu schaffen und die unternehmerische Freiheit zu stärken. „Die Presse muß die Freiheit haben, alles zu sagen, damit gewisse Leute nicht die Freiheit haben, alles zu tun“, äußerte einst der amerikanische Journalist Stewart Alsop. Beinhaltet dies aber auch Verunglimpfungen und Unwahrheiten im Rahmen der Pressefreiheit, oder Ausbeutung und Bereicherung einiger weniger auf Kosten vieler im Namen der freien Wirtschaft? “ Freiheit bedeutet Verantwortlichkeit, das ist der Grund warum sich die meisten vor ihr fürchten“, mahnte einst der irische Lyriker George Bernhard Shaw an.

Diese Verantwortlichkeit zeigt sich insbesondere in der Freiheit gegenüber anders denkenden, sich gegensätzlich zu äußern, auch wenn uns das nicht gefällt. “ Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzten, dass du es sagen darfst“, verstand Voltaire unter Freiheit. “ Wer anderen die Freiheit verweigert, der hat sie selbst nicht verdient“, forderte Abraham Lincoln einst. Diese ist aber nicht aus sich selbst heraus gegeben, sondern kann nur durch Befreiung erlangt werden. Während Immanuel Kant darunter eine „Befreiung aus der Unmündigkeit“ verstand, sieht Gottfried Hegel die gesamte Weltgeschichte aus ein Fortschreiten im Geiste der Freiheit. Der Existentialismus unter Albert Camus und Jean Paul Satre letztlich postuliert, man könne sich nur befreien, wenn man sich selbst befreie, seinem Leben also einen eigenen Sinn gebe.
Eine ewige Suche
Misstrauen gegeneinander, gegenüber anderen Kulturen, die unseren Vorstellungen von Freiheiten nicht teilen, machen jedoch intolerant und ablehnend. Allerdings stellte der ehemalige US-Präsident Woodrow Wilson fest: “ Die Geschichte der Freiheit ist die Geschichte des Widerspruchs.“

Viel wurde im Namen der Freiheit bereits erreicht, doch müssen wir uns klar werden, das wir „keinen Rechtsanspruch auf Demokratie und Freiheit für alle Ewigkeiten haben“, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel anmahnte. Kämpften die Menschen in der französischen Revolution gegen die Vorherrschaft und Unterdrückung durch den Adel, so wird heute heftig um die Freiheiten des Internets, den gläsernen Menschen, die Freiheiten des Marktes und die wirtschaftlichen Freiheiten des Individuums diskutiert. Freiheit ist ein universelles Gut, dass immer als Produkt seiner Zeit verstanden werden muss und einem stetigen Wandel unterliegt. In vielen Fällen fühlen wir uns aber machtlos, diesen Wandel zu gestalten. “ Die Freiheit ist wie das Meer. Die einzelnen Wogen vermögen nicht viel, aber die Kraft der Brandung ist unwiderstehlich“, ermutigte einst der ehemalige tschechische Präsident Vaclav Havel. Freiheit bedeutet nicht nur die Abwesenheit von Zwängen, vielmehr liegt es an uns die Freiheit auszufüllen und immer wieder neu zu definieren, oder wie 1989 David Hasselhoff anlässlich des Falls der Berliner Mauer sang: “ I ve been looking for freedom, still the search goes on.“